Im Abgasskandal Dieselgate hat die kleine Deutsche Umwelthilfe (DUH) Politik und Autohersteller vor sich hergetrieben wie keine andere Organisation. Doch plötzlich sehen sich die Umweltlobbyisten mit einer neuen Form der Publizität konfrontiert: in den letzten Tagen erschien eine ganze Reihe kritische Artikel über die DUH. So meldete beispielsweise die FAZ „Umwelthilfe bekommt Geld von Toyota“, was im Kontext von Dieselgate und dem geringen Anteil von Dieselmotoren bei Toyotas Verkäufen Parteinahme für den japanischen Autohersteller suggeriert.

Ist diese Berichterstattungswelle einer gesteuerten Kampagne gegen die Ökolobbyisten geschuldet, wie ein Insider vermutet und wie manche Krisen-PR Experten munkeln? Ist das Gefälligkeitsjournalismus für eine Branche, die nach wie vor einer der wichtigsten Anzeigenkunden ist? Oder ist sie Resultat fleißiger investigativer Journalisten, die eine Geschichte weiterdrehen? Eigentlich egal. Denn Causa DUH zeigt auf, dass die Anderen mal wieder die Nase vorne haben – auch kommunikativ.

Jürgen Resch, seit 30 Jahren Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ist ein streitbarer Geist, ein Freund der klaren Kante. Die Statements aus seinem Haus tragen Titel wie „Verbrauchertäuschung bei Lidl“ , „Deutsche Umwelthilfe fordert Verkaufsstop für Opel Zafira Diesel“ oder „Umweltministerin Hendricks knickt vor Handelskonzernen ein“. Die deutsche Autoindustrie agiert nach seinen Worten sogar „weitgehend außerhalb des Rechtssystems“, der Staat sei ein Mittäter, der aus Rücksicht auf die Industrieinteressen die Rechte der Verbraucher nicht durchsetze. Daimler-Chef Dieter Zetsche bezichtigt er der „tausendfachen Körperverletzung mit Todesfolge“, weil dessen Autos bei unter zehn Grad Außentemperatur die Abgasreinigung abschalten.

Reschs jährlicher Dienstwagencheck, bei dem er die Emissionen der Limousinen der Spitzenpolitiker veröffentlicht, verdirbt in Berlin und den Landeshauptstädten Politikern aller Parteien regelmäßig die Freude am Dienstwagen fahren. Mit Lust an der Attacke und einer effizienten PR-Maschinerie im Hintergrund schafft der Umweltlobbyist es in die Tagesschau, in die Talkshows und auf die Titelseiten der Zeitungen. Dabei hat seine Organisation noch nicht mal 300 Mitglieder.

Auch von der Zulassung beim Bundesjustizministerium als Verbraucherschutzorganisation, die Vergehen direkt abmahnen darf wenn Konsumentenrechte in Gefahr sind, macht der streitbare Umweltkämpfer Resch gerne Gebrauch: 1.500 Verfahren leitet der Ökoverband jährlich ein. Rund 400 werden vor Gericht ausgefochten, in 96 Prozent aller Fälle verlassen Reschs Mitstreiter den Gerichtssaal als Sieger. Wahrscheinlich ist Jürgen Resch nicht nur der wirkungsvollste Umweltlobbyist der Republik, sondern auch der Lieblingsfeind ganzer Industriezweige. Den Krisen-PR Experten der Nation beschert er jedenfalls gute Geschäfte.

Was wird Resch und der Umwelthilfe nun konkret vorgeworfen? Seine Organisation ist ganz pragmatisch schon immer Bündnisse mit Industrieunternehmen eingegangen, das ist Teil des Selbstverständnisses der Ökoorganisation. Die Umweltschützer bestreiten entsprechend die Zusammenarbeit mit Toyota auch gar nicht. Die Kooperation mit den Japanern besteht seit knapp 20 Jahren und reicht wesentlich länger zurück als die aktuelle Diskussion um den Diesel. Aktuell unterstützt Toyota im zehnten Jahr das Projekt „CO2-Minderung im Straßenverkehr“, über das die DUH die bei den Medien so beliebte Dienstwagenumfragen unter Politikern und Behörden finanziert. Von Toyota bezuschusst wird auch das Projekt „Umwelttaxi“, in dessen Rahmen die Umwelthilfe Fachgespräche für Politiker, Taxiverbände und Umweltbehörden organisiert. Das nenne ich mal eine clevere PR-Strategie für einen Automobilhersteller, der Marktführer für Benzinhybridantriebe ist.

So weit, so nachvollziehbar.

Der unbefangene Leser fragt sich bei der Lektüre der kritischen Artikel über die Ökostreiter vom Bodensee vor allem, worin jetzt das Problem bestehe. Das gilt für die Kooperationen, aber auch für die vermeintliche Enthüllung auf Wirtschaftswoche.de, DUH-Chef Resch fliege schon mal von Zürich zur Geschäftsstelle nach Berlin und er nehme ein Taxi, wenn es schnell gehen müsse. Diese News lässt den Leser ratlos zurück. Von Zürich nach Berlin sind es 850 Kilometer. Soll der Streiter für die Umwelt die Strecke mit dem E-Bike zurücklegen? Und was ist schlimm daran, wenn sich ein Umweltlobbyist ein Taxi ruft, wenn er es eilig hat? Ich jedenfalls nehme mir ab und an ein Taxi. Selbst, wenn ich es nicht furchtbar eilig habe – aus reiner Bequemlichkeit.

Grundsätzlich ist die Frage, wer kontrolliert die Kontrolleure, beziehungsweise wer schaut den NGOs kritisch auf die Finger, hoch relevant. Kritischer Journalismus muss in alle Richtungen kritisch sein – das gilt gegenüber der Politik, der Wirtschaft und selbstverständlich auch gegenüber NGOs. Aber es sollte dann schon etwas Handfestes zu kritisieren geben.

Man kann die Tonalität von DUH-Chef Jürgen Resch mögen oder sie als überzogen kritisieren. Man kann über diverse Forderungen der DUH streiten. Aber wenn investigative Recherchen führender deutscher Wirtschaftsmedien nichts Wesentlicheres zu Tage bringen, als eine clevere, seit knapp 20 Jahren existierende Kooperation eines Autoherstellers mit einem Umweltverband und gelegentliche Taxifahrten eines Umweltlobbyisten, spricht dies für sich.

Tesla, Toyota und Co. haben momentan die Nase vorne. In Sachen Antrieb der Zukunft und in Sachen smarter Kommunikation. Die deutsche Autoindustrie sollte sich auf ihre große Ingenieurstradition besinnen und auch die Kommunikatoren der Branche sollten den Blick nach vorne richten

Dieser Artikel wurde auf wuv.de veröffentlicht.