Oliver Frenzel

Oliver Frenzel

General Manager, Facit Research

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Was für ein fantastischer Abend heute: Im Free-TV läuft ein echter Blockbuster. Nein, keine Hollywood-Massenware mit vorhersehbarem Happy End – ich denke an echte Emotionen, elektrifizierende Spannung bis in die Haarspitzen. Adrenalin pur! Und begeisternde Geschichten, wie sie nur das wahre Leben erzählen kann. Ich meine den zweiten Teil des Viertelfinals zwischen Borussia Dortmund und dem FC Liverpool in der UEFA Europa League.

Schon das Hinspiel vergangene Woche Donnerstag war ein Quotenknaller: Mit stolzen 5,68 Millionen TV-Zuschauern und einem Marktanteil von über 19 Prozent sicherte sich Sport1 nicht nur mit Abstand den Tagessieg, das in Ismaning bei München beheimatete Medienunternehmen schrieb mit dieser TV-Quote auch Sendergeschichte. Bleibt aber die Frage, was das Geheimnis hinter dem unglaublichen Zuschauerinteresse an gerade diesem Fußballspiel war, das in der Spitze sogar bis zu 6,5 Millionen Fans vor die Fernseher lockte.

Die Antwort scheint offensichtlich: Klopp gegen Klopp. Oder wie es SPORT BILD in Anlehnung an den spanischen Fußballklassiker sehr passend formuliert hat: „El Kloppico“. Ganz so einfach zu entschlüsseln ist die geheime DNA der Begegnung aber nicht – schließlich gab es in der Vergangenheit viele denkwürdige Spiele unter ähnlichen Konstellationen, die allerdings weit weniger Interesse ausgelöst haben. Was macht also die besondere Faszination gerade dieser Paarung aus? Als Forscher können wir natürlich gar nicht anders, als einer Frage wie dieser auf den Grund zu gehen. Wir haben uns die Teams und Trainer genauer angeschaut – mit interessanten Erkenntnissen.

Bekanntheit & SympathieSo ist die Person Jürgen Klopp als Ex-Trainer von Borussia Dortmund ein wichtiger, aber nicht der alleinige Grund für das immense Zuschauerinteresse am „El Kloppico“. Jürgen Klopp belegt bei den von uns untersuchten Trainerpersönlichkeiten – obwohl schon seit Monaten nicht mehr in der Fußball-Bundesliga tätig – mit einer Bekanntheit von 93% und einem Sympathiewert von 81% mit Abstand den ersten Platz. Sein Trainerkollege und offizieller Nachfolger bei Borussia Dortmund, Thomas Tuchel, erzielt mit 71% ebenfalls einen guten Sympathiewert – schneidet mit einer Bekanntheit von gerade einmal 47% aber vergleichsweise schlecht ab. Zum Vergleich: Der scheidende Meistertrainer des FC Bayern München, Pep Guardiola, ist 78% der Bevölkerung bekannt und genießt mit einem Wert von nur 62% die mit Abstand geringste Sympathie.

Doch das Aufeinandertreffen des eher ruhigen Strategen Thomas Tuchel auf den hoch emotionalen, gerne einmal wild gestikulierenden Jürgen Klopp ist nur ein Puzzleteil. Fast noch wichtiger erscheint die einzigartige Konstellation unterschiedlicher Werthaltungen, die die beiden Trainer-Persönlichkeiten und das Team von Borussia Dortmund mitbringen.

Ein einzigartiges und aus Sicht der Zielgruppe authentisches Werteprofil ist für starke Marken heute unabdingbar. Das gilt nicht nur für die Marken von Sponsoren und Vereinen, sondern auch für Athleten und Funktionäre. Nicht umsonst verzeihen wir bedeutenden Persönlichkeiten wie beispielsweise Uli Hoeneß sehr schnell und bereitwillig ihre kleineren und größeren Verfehlungen – ganz im Sinne und zum Wohle unseres geliebten Fußballsports, versteht sich.

Wir haben daher das Werteprofil der Marken Borussia Dortmund und der Person Jürgen Klopp einmal genauer mit einem von uns eigens dafür entwickelten Wertemodell unter die Lupe genommen. Wie die Ergebnisse zeigen, konnte Borussia Dortmund die Meisterschaft der Marken für sich entscheiden, noch vor dem aktuellen Tabellenführer FC Bayern München. Denn während der FC Bayern München, der von den Fans im emotional wichtigen Dreiklang aus Beliebtheit, Stärke und Dynamik zwar als das dominanteste und mächtigste Team der Bundesliga eingestuft wird – die Borussia landet hier „nur“ auf Platz 2 –, gilt Borussia Dortmund bei den Fans als das beliebteste und dynamischste Team der Liga. Was aber noch viel wichtiger ist: Jürgen Klopp und das Team von Borussia Dortmund bilden über alle drei emotionalen Werte-Dimensionen das perfekte Match!

Kein Wunder also, dass ganz Fußballdeutschland das direkte Aufeinandertreffen dieses viele Jahre so perfekt harmonisierenden Gespanns hautnah miterleben will. Nicht zu vergessen, dass mit Thomas Tuchel noch ein zweiter ehemaliger Mainzer Trainer in das Spielgeschehen eingreift, der die Borussen aus Dortmund nach einer nervenaufreibenden Berg-und-Talfahrt in der letzten Saison innerhalb kürzester Zeit wieder zu alter Stärke geführt und zum Bayern-Jäger Nummer 1 gemacht hat. Und dann steht mit den Reds aus Liverpool auch noch ein Gegner auf dem Platz, der deutschen Teams bei Heimspielen an der Anfield Road in den letzten Jahren keine Chance auf ein Weiterkommen gelassen hat.

Das ist der Stoff, aus dem Geschichten für die Ewigkeit geschrieben sind – und Geschichten, die für Einschaltquoten sorgen. Es geht immer um Emotionen, um Spannung, um Persönlichkeiten, mit denen wir mitfiebern und uns identifizieren können, die uns scharenweise vor die Bildschirme locken und die Straßen im wahrsten Sinne des Wortes leerfegen. Nur stammen diese Blockbuster eben nicht (nur) aus Hollywood, sondern aus Gegenden mit so wohlklingenden Namen wie Strobelallee oder Anfield Road. Was das Besondere an diesen Geschichten ist? Echte Liebe – nicht mehr und auch nicht weniger. Irgendwie ganz einfach. Und doch oft so schwer. Ich wünsche uns allen einen unvergesslichen Fußballabend.