Patrick Karl

Patrick Karl

General Manager, Plan.Net Austria

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Wenn 1500 internationale Entscheidungsträger von Unternehmen wie Netflix, The Huffington Post, Airbnb, Deloitte oder Andreessen Horowitz in München zusammenkommen, weiß man: Die DLD hat wieder Einzug in der Stadt gehalten. An drei Tagen diskutierte man auf der Digital Life Design Conference über die großen Fragen unserer Zeit und die Innovationskraft Europas.

Das große Thema Europas dieser Tage ging dabei auch an der DLD nicht spurlos vorüber. Die Flüchtlingskrise – oder die Gesellschafts- und Politikkrise um das Thema der Flüchtlinge, wie man sie wohl treffender benennen müsste – hat sich auch in der digitalen Industrie niedergeschlagen. Aus dieser heraus will man einen Weg gefunden haben, Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa zu unterstützen. Beziehungsweise mehrere Wege.

Die Hilfe soll dabei weit über die bloße Entwicklung von Apps für die Fliehenden oder das Zur-Verfügung-Stellen von allgemein zugänglichem WLAN hinaus gehen. Stattdessen sehen sich einige in der Industrie in der Verantwortung, den Ankömmlingen auch eine Zukunft zu bieten. Dazu möchte man Experten der Branche in die Gestaltung der Programme integrieren und ihr Feedback direkt aufnehmen. Finales Ziel soll es sein, Flüchtlinge zum integralen Bestandteil der digitalen Industrie zu machen. Denn sie seien keine Bedrohung für Europa, sondern eine Chance, so der Tenor.

60 Milliarden an Risikokapital in den USA, nicht mal eine in Deutschland

Das sei gleichsam auch eine Chance, die Europa ergreifen muss, will man weiterhin mit den USA konkurrieren können. Obwohl, das Problem Europas liegt nicht darin, dass man keine kreativen und innovativen Köpfe hat. Zu dem Schluss kam die Panel-Dikussion rund um Ann Mettler von der Europäischen Kommision recht einstimmig. Runtastic, Spotify und andere junge europäische Erfolgsunternehmen am globalen Markt beweisen das.

Das Problem liegt viel eher an der europäischen Zögerlichkeit, wenn es darum geht, ein wirtschaftliches Risiko einzugehen. Der deutsche Bundestagsabgeordnete Jens Spahn veranschaulichte das mit aussagekräftigen Daten. Während in den USA im letzten Jahr 60 Millarden Dollar als Risikokapital freigemacht wurden, war es in Deutschland nicht mal eine Milliarde.

Auch in anderer Hinsicht sind die beiden Märkte aktuell nur schwer vergleichbar. Wie auch? Europa ist bis dato kein geschlossener Markt, ganz im Gegensatz zu den USA. Man sollte also an zwei Stellen ankurbeln: Zunächst muss eine gemeinsame gesetzliche Ebene in Europa geschaffen werden – und im späteren Verlauf auch mit den USA – und dann Mut zum Risiko aufgebracht werden, um den Markt kräftig anzukurbeln und ihn dann machen zu lassen.

Auch beim Thema Datenschutz ist Europa zu sehr auf die Risiken von Big Data fixiert, anstatt das Potenzial darin zu erkennen. Es bräuchte also auch hier ein Umdenken in Europa, will man mit den USA gleichziehen.

Zurück zu alten Werten

Ein Umdenken würde auch der Medienbranche guttun. Marc Al-Hames von Cliqz brachte in einer Diskussion mit Ken Auletta, dem journalistischen Urgestein von The New Yorker, Norman Pearlstine, dem Chief Content Officer der Time Inc., und Zanny Minton-Beddoes, der Chefredakteurin von The Economist, an, dass man sich wieder auf alte Werte konzentrieren solle. Man solle Werbung und Content wieder als Bundle sehen und nicht als getrennte Faktoren, will man auch online eine Erfahrung für den Leser schaffen, die mit einer Zeitung oder einem Magazin mithalten kann.

Die Schwierigkeit liege dabei in den unterschiedlichen Preiskategorien, die Werbung online und offline noch immer habe. Zusätzlich wird der angebliche Rettungsring Native Advertising von Zeitungsmachern weiterhin kritisch aufgefasst. Für den Economist, der mit Paywall und Abo-Modell an hochwertigen Inhalten festhält, wäre so etwas laut Minton-Beddoes beinahe undenkbar.

Native Advertising als potenzielles Heilmittel gegen den AdBlocker wird allgemein aber nicht in Frage gestellt. Dessen Ursache hingegen schon. Die Werbemacher und deren ständiges Tracking sollen Schuld am Aufkommen des AdBlockers sein. Vielleicht könne man, schalte man dieses herunter oder ganz ab, auch dem Phänomen AdBlocker auf den Zahn fühlen.

Wer mehr schläft, ist produktiver

Wie auch immer man die Medienbranche retten möchte, dies wird nicht ohne einen klaren Kopf funktionieren. Wie auch generell sehr wenig. Zu dieser Conclusio kam ein morgendliches Panel rund um Arianna Huffington und Schlafforscher Till Roenneberg.

Diese Runde sieht die Ökonomisierung des Schlafs – wie sie bis heute zu sehen ist -, den Gedanken also, dass man mehr zustande bekomme, je weniger man schlafe – als grundlegend falsch an. Stattdessen soll man alles daran setzen, zu einem guten Schlaf zu kommen, will man wirkliche Produktivität erreichen. Dazu dürfe man seine innere Uhr keinesfalls ignorieren und müsse stattdessen versuchen, in jener Zeit zu schlafen, die einem der eigene Körper vorgibt, anstelle sich aus dem Bett zu quälen, wenn der Wecker läutet.

Will man also etwas von der DLD mitnehmen, so sind es folgende Punkte: Mehr Risiko eingehen, mehr auf jene hören, die es wirklich betrifft, und allen voran mehr und besser schlafen.