Es kann einem richtig Angst machen: Eine Katastrophenmeldung zum Thema digitale Kommunikation jagt derzeit die nächste. Vom Tod der Onlinewerbung ist die Rede ebenso wie vom Ende des digitalen Werbegeschäfts. Schuld sei nicht zuletzt das Programmatic Buying, das zu einer rückläufigen Sichtbarkeit von Online-Werbung und sinkenden Klickraten führe. Es gipfelt in dem Vorwurf, dass angeblich ein Großteil der ausgelieferten Werbung kein menschliches Auge mehr erblicken würde.

Müssen wir uns also tatsächlich um unsere gesamte Branche sorgen? Natürlich nicht. Die Automatisierung der digitalen Werbung funktioniert nicht immer wie sie soll. Doch das zeigt nur, dass es der Digitalbranche nicht anders ergeht wie jeder anderen Branche auch: Entsteht ein Hype um ein Angebot oder eine Technik, produziert dieser auch seine Irrungen und Wirrungen.

Denn wenn ein Markt mehr oder weniger blind auf einen Zug aufspringt, ohne Fahrtstrecke, Geschwindigkeit und  Service zu überwachen, dann darf er sich am Ende nicht wundern, wenn er nicht oder am falschen Ziel ankommt. Auf Programmatic Buying bezogen heißt das: Je „blinder“ die Buchung auf der Plattform, desto niedriger ist in der Regel der Preis und die Qualität des Traffics. Und wer glaubt, automatisierter Einkauf mache für Kunde und Agentur eine systematische Leistungskontrolle verzichtbar, ist an Naivität nicht mehr zu überbieten. Was wir stattdessen benötigen, ist eine Transparenz, die allen Marktteilnehmern den Zusammenhang zwischen Qualität, Leistungssicherheit und Daten- bzw. Zielgruppen- und Umfeldqualität verdeutlicht. Das erfordert systematisches externes Monitoring sowie eine konsequente Leistungskontrolle der Kampagnen, um schwarze Schafe zu isolieren und herauszufiltern. Das ist durchaus aufwendig, und ja, es kostet Geld. Aber es ist und war schon immer eine unabdingbare Notwendigkeit. Dass zudem der Druck auf die Anbieterseite hoch bleiben muss, hier gegenzusteuern, ist unstrittig.

Der gesunde Menschenverstand und ein professionelles Vorgehen haben auch in unserer Branche nicht ausgedient, sondern sind gefragter denn je. Wir wissen mehr über die Wirkungsweise digitaler Medien als je zuvor.  Dazu haben wir Messinstrumente entwickelt, die Auskunft über die quantitativen und qualitativen Leistungsparameter der digitalen Kommunikation geben. Die Messung der Branding-Wirkung von Kampagnen ist mittlerweile innerhalb von Tagen machbar, quantitative Parameter stehen quasi in Echtzeit zur Verfügung und Modellrechnungen erlauben die zuverlässige Prognose künftiger Leistungswerte. Wir haben ein Verständnis für die einzelnen Stufen der Customer Journey entwickelt und können mit Attributionsmodellen die Wirkungsweise von Kontaktstrecken besser verstehen. Was wir dafür benötigen, sind leistungsfähige Big Data Systeme – und natürlich Menschen, die damit umgehen können. Auch die digitale Kreation ist kein Mysterium mehr, sondern folgt bekannten Regeln und Erfahrungswerten – zumindest wenn man verstanden hat, dass Digital nicht Klassik über das Internet, sondern eine eigene Disziplin ist.

Wir haben also alles, was wir brauchen, um hochwertige und hochwirksame Online-Kommunikation zu schaffen und gleichzeitig die negativen Auswüchse der Branche zu bekämpfen und zu vermeiden. Lasst uns daher daran arbeiten, die Chancen der digitalen Kommunikation zu nutzen, wir werden in absehbarer Zukunft keinen anderen relevanten Kanal mehr haben, um unsere Ziele als Kommunikationsbranche zu erreichen.

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