Nestlé fragt, Shitstorm-Trooper antworten

Unter dem gesponserten Tweet „FragNestlé“, lädt Nestlé ein, Fragen auch zu kritischen Themen zu stellen. Die kommen auch prompt: „Warum hasst ihr Regenwälder?“, „Wo sind die Wagons mit dem verstrahlten Milchpulver hin?“, „Sucht ihr noch junge Talente, die ihre Seele dem Teufel verkaufen?“ etc.

Da Nestlé auf der Hass-Liste von Globalisierungs-Gegnern und Kapitalismuskritikern ziemlich weit oben steht, war diese Reaktion vorhersehbar. Genau wie die der Medien: „PR-Kampagne gerät zum Desaster“, „Shitstorm selbstgemacht“, „Twitter-Frageaktion von Nestlé geht nach hinten los“ etc. Das reflexartig funktionierende Berichterstattungs-Schema hier: Großer Konzern will sich Beliebtheit und Aufmerksamkeit erkaufen, aber aufrechte Netzbürger lassen ihn dafür büßen.

Deshalb #FragNestlé: „Warum rennt ihr sehenden Auges ins offene Messer?“ „Weil wir mutig sind“, heißt die wahrscheinlichste Antwort. Offensichtlich haben sich die Verantwortlichen bei Nestlé entschlossen, das Thema Dialog wirklich ernst zu nehmen und sich nicht wegzuducken. Und das machen nur Überzeugungstäter – also Menschen, die nicht rumtaktieren, sondern glauben, auf jede noch so kritische Frage eine Antwort zu finden.

Ob das tatsächlich gelingt, steht auf einem anderen Blatt. Aber dass sich ein Konzern entschließt, Risiken einzugehen und sich weit aus dem Fenster zu lehnen, ist aller Ehren Wert. Das Vorgehen ist übrigens nicht nur mutig, sondern setzt auch Zeichen. Bislang werden Kommunikations-Manager in Konzernen nämlich unter anderem dafür bezahlt, dass die Öffentlichkeit nicht über deren Verhalten bei kritischen- und gesellschaftlich relevanten Themen redet.

Dabei geht es häufig gar nicht darum, diese Themen zu ignorieren, sondern sie in Hinterzimmern zu verhandeln. NGO-Beiräte sind hier beispielsweise ein probates Mittel. Wenn man davon ausgeht, dass die Vertreter von Foodwatch, Greenpeace und wie sie alle heißen, ihre Gesinnung nicht an der Konzern-Garderobe abgeben, kann man auch davon ausgehen, dass hier etwas im positiven Sinne bewegt wird.

Nur eben unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und genau hier beschreitet Nestlé einen neuen Weg. Ob das Beispiel Schule macht, hängt unter anderem davon ab, wie konsequent Nestlé diesen Weg weitergeht. Sollte der Konzern jetzt kalte Füße bekommen und sich wieder ins Schneckenhaus zurückziehen, wäre die Aktion tatsächlich ein Flop und ein abschreckendes Beispiel. Deshalb: Bitte weitermachen.