Ein guter Unternehmer muss seine Kunden kennen – das ist kein Geheimnis: Je mehr er über sie weiß, desto besser kann er auf ihre Bedürfnisse eingehen und ihnen Angebote machen, die sie auch wirklich interessieren. Das kennen wir vom Italiener um die Ecke ebenso wie aus dem Buchladen oder unserem Lieblings-Klamotten-Shop. Wer freut sich nicht, wenn er dort mit Vornamen begrüßt wird und eine kompetente, auf seine Vorlieben abgestimmte Beratung bekommt? Natürlich hat sich das in Zeiten der gesichtslosen Innenstädte mit den immer gleichen Ketten-Läden verflüchtigt. Aber das angenehme Gefühl, das Prinzip bleibt: Individualisierte Kommunikation kommt gut an.

Wie sieht das heute in der digitalen Welt aus? Prinzipiell ist dies dort ebenso möglich. Auf Basis von vergangenem Nutzungs- und Kaufverhalten können wir Interessen und (Kauf-)Absichten von Zielgruppen in hohem Maße prognostizieren und Nutzer über Targeting individualisiert und gezielt ansprechen. Dazu muss Kommunikation über mehrere Plattformen und entlang der Customer Journey auf intelligente Weise verknüpft werden. Auf Basis der Nutzerdaten ist es möglich, relevante Botschaften im Rahmen einer Kontaktstrecke aufeinander abzustimmen. Zum Beispiel wenn ein E-Commerce-Anbieter bei einer Vielzahl von Motiven Inhalte von Banner, Landingpage und CRM-Email synchronisiert. Oder wenn verschiedene psychographische Zielgruppensegmente – gesteuert über ein dynamisches Bannertool – mit differenzierter Kreation spezifisch angesprochen werden. Die Potentiale des Mediums können dann optimal genutzt werden, wenn kreative Konzepte, Verständnis der User-Journey und Datenmodelle so aufeinander abgestimmt werden, dass der Nutzer wirklich zur richtigen Zeit im relevanten Kanal die für ihn optimierte Botschaft erhält. Wenn das befolgt wird, können wir beim Kunden auch online das Gefühl erzeugen, das er nach dem Besuch in seinem Lieblingsladen hat.

Das Problem: Für viele fühlt sich das (noch) nicht so persönlich an.

Denn in der Realität sieht das heute oft noch anders aus. Der Ton ist rau, wenn es um individualisierte Online-Kommunikation geht: Spionage und Stalking sind Begriffe, die in der Auseinandersetzung nicht selten fallen. Die Datenschützer prophezeien das Ende aller Persönlichkeitsrechte, die Politik lässt sich vor den Karren spannen. Und der Nutzer? Der bleibt oft verwirrt zurück.

Deshalb lautet mein Appell an unsere Branche: Lasst uns zum Nutzen von Usern und Werbungtreibenden intelligent und verantwortungsvoll mit den Daten umgehen. Das Potenzial, das Online-Kommunikation so attraktiv machen kann, ist noch lange nicht ausgeschöpft. Jeder kennt die aggressiven Retargeting-Banner, die uns längst gekaufte Produkte wieder und wieder zum Kauf anbieten und wegen ihrer Frequenz und Penetranz zum Ärgernis aus Nutzersicht werden – auch wenn sie als Werbeinstrument exzellent funktionieren. Der User muss sich von unseren Inhalten tatsächlich gut beraten, nicht verfolgt fühlen. Dann werden auch die Skeptiker die Mehrwerte einer intelligenten und transparenten Datennutzung verstehen.

An die User appelliere ich: Informiert euch – wie ihr es in allen anderen Bereichen des Lebens auch tut. Der Markt hat auf eure Bedenken reagiert und Transparenz geschaffen – durch Aufklären und Selbstregulierung. Gleichzeit hat er aber auch aufgezeigt, dass Datenabgabe, Datenschutz und Datensicherheit Themen sind, die beide Seiten betreffen – Anbieter und Nutzer. Auch die Nutzer sind in der Pflicht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Viele User verstehen dies und akzeptieren die Nutzung dieser Daten implizit durch ihr Verhalten. Für alle, die ihre Daten nicht preisgeben wollen, gibt es die Möglichkeit, durch Opt-Out auszusteigen.

Und an die Politik, Verbraucherschützer und militanten Datenverweigerer: Hört auf mit eurer Bevormundungspolitik und lasst den User entscheiden. Was wir brauchen ist eine sachliche Diskussion, keine Schreckensszenarien. Es ist ein Deal, der heißt Daten gegen Relevanz – und der hat Vorteile für beide Seiten.

Der Beitrag wurde auf internetworld.de veröffentlicht.