Ja, hier ist der Stoff, aus dem Legenden sind. Wir führen Sie durch die 1.001 Geschichten der Mythen des arabischen Marketings und der modernen Legenden im Nahen Osten.
Viel ist darüber geschrieben und noch mehr darüber gesprochen worden, doch bisher wurde kaum versucht, den Kern der Marketinglegenden im Nahen Osten vereinfacht darzustellen. Noch immer sind sich viele Investoren beispielsweise nicht über die zahlreichen Feinheiten und möglichen Komplikationen bei der Kommunikation mit arabischen Muslimen im Klaren. Es fehlt an Wissen über das, was man unbedingt tun und was besser lassen sollte ebenso wie das Verständnis einer Region, über die es neben den politischen Aspekten auch unzählige wirtschaftliche Fakten zu berichten gibt.
Hier also ein kurzer Überblick einiger arabischer Märchen, die vielleicht nützlich für Sie sind, wenn Sie ein Markenprojekt in dieser aufstrebenden Region mit ihren zahlreichen global-denkenden Wohlhabenden und digitalen Millennials in Betracht ziehen.

Urban Legend #1: Der Nahe Osten* – also der arabische Raum – ist ein homogener Markt. Natürlich gehört diese Annahme ins Reich der Märchen. Es gibt im Nahen Osten immerhin drei wesentliche Kulturgruppen und zwei geoökonomische Zusammenschlüsse.
Bei den drei Kulturgruppen sind insbesondere die überwiegend arabischen Märkte Saudi-Arabien, Kuwait und Oman zu nennen. Diese Länder gelten als sehr traditionsgebunden, mit unerschütterlichen Sitten und Bräuchen sowie starken Familienbindungen.
Dann gibt es die multikulturellen Märkte wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und in gewissem Maß auch Bahrain: Sie sind gekennzeichnet von einem hohen Einwandereranteil und modernem Luxus. Die letzte Kulturgruppe bilden die Levantemärkte Libanon, Jordanien und Syrien mit einer starken europäisch-mediterranen Anmutung. Im Vergleich zu einer vornehmlich arabisch geprägten Gegend wie den Staaten des Golfkooperationsrats weist die Region Levante zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem europäisch-mediterranen Raum auf und lösen sich kulturelle Unterschiede auf. Auch die Landschaften der Region muten europäischer an als in den Staaten des Golfkooperationsrats, die vor allem durch Wüstengebiete geprägt sind. Abgesehen von den derzeitigen kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien bleiben die europäisch-mediterranen Wurzeln Syriens dennoch erhalten.
Die geoökonomischen Zusammenschlüsse sind am einprägsamsten. Der Golfkooperationsrat (Kooperationsrat der Arabischen Staaten des Golfes) ist ein Staatenbund, dem sechs Länder angehören: Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Infolge der Kooperation sind ausländische Direktinvestitionen zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor für die seit jeher ölreiche und ölabhängige Region geworden.
In den Levantemärkten hat die Globalisierung zugenommen. Gleichzeitig ist auch eine starke Anknüpfung an die arabischen Wurzeln zu beobachten. Eine unterschwellige Bedrohung scheint vielleicht durch politische Instabilität vorzuliegen, doch Maßnahmen für wirtschaftliche Stärke und Stabilität haben weithin begonnen; langfristig angelegte Weiterentwicklungen sind in Gang. Möglich wurde dies auch durch die gut – und global – ausgebildete junge Generation, die immer mehr Wert darauf legt, mit dem Fortschritt in den benachbarten Ländern des Golfkooperationsrats auf einer Höhe zu bleiben.

Urban Legend #2: Der islamische Lebensstil ist antiwestlich bzw. antiamerikanisch geprägt. Dies ist eine verbreitete Fehleinschätzung. Tatsächlich streben immer mehr muslimische Verbraucher eine typische internationale (westliche) Lebensweise an. Die meisten jungen Araber möchten ein Hochschulstudium in Europa oder Amerika absolvieren, und arabische Familien wenden sich einem global ausgerichteten Lebensstil zu – die bei den Beduinen liegenden Ursprünge werden dabei aber nicht notwendigerweise aufgegeben.
Trotz der Anlehnung an eine Lebensweise nach westlichem Stil werden zunehmend Entscheidungen getroffen, mit denen die Araber ihre Identität als Muslime bekräftigen und ihren Respekt für islamische Grundsätze zum Ausdruck bringen. Vor diesem Hintergrund stehen an der Scharia orientierte Geschäftsmodelle bei den Produkt- und Dienstleistungsvorlieben hoch im Kurs.

Urban Legend #3: Kommunikation mit Arabern ist das Gleiche wie Kommunikation mit Muslimen. Falsch! Zwischen Arabern (bzw. der arabischen Welt) und Muslimen (bzw. der muslimischen Welt) gibt es unverkennbare Unterschiede. Arabische Muslime kommen aus der Region um den Persischen Golf. Verglichen mit anderen muslimischen Regionen sind hier mehr westliche Ansichten und ein enormer Reichtum vorhanden.
Auch die Geografie und Topografie der Region kommen den arabischen Muslimen zugute, die eine hoch entwickelte Kultur vertreten und in deren Zivilisation sich moderne Städte mit antiken Zentren vermischen. Ölvorkommen haben – ebenso wie die Infrastruktur, der moderne Fortschritt und der Tourismus – den meisten arabischen Muslimen schlagartig allgemeinen Wohlstand gebracht.

Urban Legend #4: Marketing für Araber ist Marketing für eine alternde Gesellschaft der Vorväter und ihrer aktuellen Erben. Das ist ein großer Irrtum. Arabische Muslime eines neuen Typs werden als Verbraucher immer wichtiger. Die arabischen Millennials der digitalen Generation sind junge Konsumenten, die die Zukunft der arabischen und muslimischen Verbraucherwelt darstellen. Aktuell sind mehr als die Hälfte der Einwohner in arabischen Ländern unter 25; diese Gruppe macht über elf Prozent der Weltbevölkerung aus.
Interessanterweise wachsen diese Millennials in eine Welt hinein, die sich sehr von dem Umfeld unterscheidet, das für ihre unmittelbaren Angehörigen prägend war. Die Überzeugungen, Sorgen, Erwartungen und Sehnsüchte der jungen Generation werden geformt durch Lebenserfahrungen, zu denen nicht nur der Arabische Frühling gehört, sondern auch die breite weltweite Anerkennung, die dem schnellen Fortschritt in der arabischen Region gezollt wird. In den meisten Industrieländern zog sich derartiger Fortschritt über mehrere Jahrzehnte hin.
Zwar bleiben zentrale religiöse Werte und Neigungen über die Grenzen von Generationen und geoökonomischen Zusammenschlüssen hinweg unverändert – dennoch ergeben sich aus der gegenwärtigen Stimmungslage der Millennials völlig neue Herausforderungen und Chancen für Vermarkter, die ein durch Offenheit und digitale Vernetzung gekennzeichnetes Verbrauchersegment erreichen wollen.

Urban Legend #5: Geschäfte sind im Nahen Osten strikt auf das Geschäftliche beschränkt. Geschäftskontakte und persönliche Freundschaften sind in dieser stark von Beziehungen geprägten Region ein und dasselbe. Araber ziehen es generell vor, Geschäfte mit ihnen bekannten Menschen zu machen, die sie mögen und die ihr Vertrauen genießen. Eine beschleunigte Kontaktanbahnung zur schnellen Aufnahme von Geschäftsgesprächen könnte Sie daher in Verlegenheit bringen. Small Talk ist mehr als nur reine Höflichkeit – man findet damit heraus, ob Sie ein passender Geschäftspartner sein würden.
Sie sollten sich Zeit nehmen, um ungekünstelt und interessiert ins Gespräch zu kommen. Aufrichtige Fragen zu Familienmitgliedern und ihrem Wohlergehen kommen gut an. Auch schadet es nicht, ein paar Geschichten in petto zu haben, um das Eis zu brechen. Geschäftsbesprechungen nehmen damit auf jeden Fall einen guten Anfang.
Das waren nur fünf der 1.001 Geschichten, die wir – ein Team mit über 14 Nationalitäten in unserer Dubaier Niederlassung – Ihnen bei unserem nächsten Zusammentreffen gern ausführlich erzählen. Wie wäre es … vielleicht bei einer Kanne voll arabischem Kaffee und ein paar Datteln?

* Der Begriff des Nahen Ostens bezeichnet (ähnlich wie Middle East aus dem englischen Sprachgebrauch) keine scharf abgegrenzte geografische Region; je nach Kontext werden unterschiedliche Länder dazugezählt. Bei Serviceplan Middle East beschäftigen wir uns mit den folgenden Märkten: Bahrain, Saudi-Arabien, Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Palästina, Katar, Jordanien, Syrien, Libanon, Irak, Jemen.