Keine Umwälzung ohne Thesen – von Danton über Luther zu Nelson Mandela. Im Content Marketing kommen viele Vordenker aus den USA, so wie Joe Pulizzi und Robert Rose vom Content Marketing Institute in Cleveland. Und obwohl es noch keinen verbindlichen Kanon von Glaubenssätzen gibt, schälen sich erste Erkenntnisse dieser jungen Disziplin heraus. Hier ein erster Entwurf:

 

1. Was verändert sich?

Aus Käufern werden Entdecker.

Früher ging es für Marken vorrangig darum, den Konsumenten zu finden und dann um seine Aufmerksamkeit zu buhlen. Heute gilt es, vom Konsumenten gefunden zu werden, weil er uns freiwillig Aufmerksamkeit schenkt. Das tut er nur, wenn er von uns wertvolle Inhalte geliefert bekommt, ohne dass wir ihm etwas verkaufen wollen. Das ist Content Marketing.

Aus Verkäufern werden Coaches.

Die stärkste Triebfeder für Kunden sind ihre eigenen Probleme („Painpoints“). Die Marke muss in Zukunft mehr darüber wissen, was der Kunde sich aneignen möchte, um diese Probleme zu lösen. Helfende Inhalte sind die harte Währung der Marke („content“). Die Überschneidung der Painpoints mit dem Content ist das erste strategische Ziel im Content Marketing („Sweet spot“).

Aus Kampagnen werden Landschaften.

Bisher folgt Marketingkommunikation einer zeitlichen Logik. Es wird meistens in Kampagnen und Flights gedacht. Morgen ist es nützlicher, in einer räumlichen Logik zu denken. Der Marketer pflegt eine Kommunikationslandschaft mit einem unablässigen Fluss von hochwertigem Content zu vielen Stakeholdern.

 

2. Welchen Nutzen haben Marken davon?

Durch Content Marketing wächst eine starke Plattform.

Im Zentrum der Kommunikationslandschaft steht eine digitale Plattform, die zum Beispiel Videos, Blogs, Infografiken und eBooks enthält. Über Social Media werden User zum Content geführt. Je länger die Plattform läuft, umso mehr Vertrauen kann sie beim Leser aufbauen.

Content Marketing bindet auf drei Ebenen ein.

Es gibt Content, der informiert – so wie der Guide Michelin über erstklassige Restaurant.  Es gibt Content, der unterhält – so wie LEGO in seinem neuesten Spielfilm. Es gibt Content, der hilft – so wie die Kraft Food Page, die dem Leser maßgeschneiderte Rezepte liefert. Dadurch entstehen langzeitige Bindungen, die später bei der Kaufentscheidung günstig sind.

Content Marketing hat hohe Durchsetzungschancen.

Die Technologie-Barrieren sind gefallen: Jeder kann online publizieren – ohne gekaufte Medienmacht. Die Talente sind verfügbar: Spezialagenturen und Freelancer mit journalistischem Hintergrund können Inhalte strukturieren und aufbereiten. Und jeder kann gefunden werden: Google belohnt wertvolle Inhalte mit guten Rankings.

 

3. Wo verbergen sich Risiken?

Der Komplexität muss durch neue Jobprofile begegnet werden.

Im Unternehmen schwirren sehr viele Inhalte herum; jedes Silo (PR, Sales, Direkt Marketing, Social Media, Event etc.) sitzt auf seinem eigenen Content. So lange bei einem Content Manager die Fäden nicht zusammenlaufen, bleibt die Strategie Stückwerk. Die Dienstleister-Seite hat die umgekehrte Herausforderung. Ein Einzelner ist mit den Anforderungen überfordert. Nur größere Runden nach dem Vorbild eines News-Desks können Lösungen bringen. Techniker, Redakteure, Texter, Planner, Arter, Channel-Experten – alle zusammen bringen erst den Erfolg.

Die Launch-Orientierung muss ersetzt werden.

Die Abläufe eines klassischen Marketers orientiert sich am Product-Launch. In Zukunft wird aber immer stärker zählen, wo der Konsument gerade in seinem persönlichen Entscheidungs-Phase („Buyers Cycle“) steht. Das ist nicht so leicht herauszufinden und erfordert auch ein Umdenken der Markenverantwortlichen.

Internationale Marken müssen viele Kulturen bedienen.

Je mehr Märkte im Entscheidungsprozess mitreden, umso mehr kulturelle Unterschiede gilt es zu managen – ohne das der Markenkern dahinschmilzt. Mittelfristig wird aber die Macht der Märkte zunehmen.