Am Montag, den 7. Oktober 2013 startete Serviceplan Content Hamburg im Zuge der „Serviceplan Facebook Wochen“ einen Mitmachkrimi auf Facebook. Die Kommentare und Likes der Fans beeinflussen bzw. lenken dabei den Verlauf der Handlung. Jeden Tag findet die Geschichte eine entsprechende Fortsetzung. Auch hier im Serviceplan Blog ist es möglich, den Krimi mitzuverfolgen…

Als Kommissar W. die Villa am noblen Alsterufer betrat, stank die Sache schon zum Himmel. „Er war über die Feiertage in der Agentur“ erklärte der Hausmeister, „wir haben nichts angerührt.“ Die Spurensicherung übernahm es, dem Toten im Konferenzraum das Telefonkabel vom Hals zu schneiden, der Kommissar fühlte den Kollegen des Opfers auf den Zahn. Besonders beliebt war der Berater offensichtlich nicht. „Bester Freund des Kunden“, meinte der Texter und witzelte etwas von der letzten Deadline. Das deckte sich makabererweise mit einer nicht abgeschickten E-Mail auf dem Laptop des Toten. „Deadline: 3. Oktober!!!“ hatte er in die Tastatur gehackt, bevor ihm die Luft ausging.

Der Name des Mörders wäre Kommissar W. lieber gewesen. Dass Opfer meist verschwiegener waren als Komplizen, entmutigte W. schon lange nicht mehr. Trotzdem nahm er sich den Schreibtisch des Toten vor. Dort fiel ihm…

Dort fiel ihm ein, dass es heute bei REWE Geschirrspül-Tabs im Angebot gibt. (Facebook-Fan Jan Kromka erhielt für seine Fortsetzung die meisten Likes)
Warum lag dann hier ein noch günstigeres Tab-Angebot von Penny auf dem Schreibtisch des Toten? Hatte er daran gearbeitet? War Konkurrenzkampf das Tatmotiv? Kommissar W. macht sich ein paar kurze Notizen in seinen leicht zerfledderten Spiralblock, als er von einem Schuss aufgeschreckt wurde. Mit der Hand am Holster stürmte er in Richtung Einfahrt.

Begraben unter seinem Fixie lag dort ein Mann. Blut pulsierte aus einer 2-Eurostück großen Eintrittswunde an der Schläfe des Mittvierzigers, durchtränkte die Einfahrt und den verstreuten Inhalt seines Jutebeutels. Der Smiley auf dem Beutel grinste dem Kommissar sarkastisch entgegen. „Verdammt, nicht noch einer“, murmelte W. und griff genervt zum Handy. „Ruft mir die ganze Agentur zusammen – zumindest die, die noch nicht tot sind! Alle sollen sich im Konfi versammeln. Ich hab da eine wichtige Frage, die ich loswerden muss.“

„Machen Sie schnell, wir haben hier alle Wichtigeres zu tun“, raunte der Geschäftsführer Kommissar W. an, als sich die ganze Agentur im Konferenzraum versammelte. „Kein Problem“, erwiderte dieser unbeeindruckt und verschaffte sich mit fester Stimme Gehör. „Im Jutebeutel des Opfers habe ich dieses Beweisstück gefunden. Nun die Frage an sie alle: Wo hat er nur diesen Pullover her?“ (Facebook-Fan Moritz Dornig erhielt für seine Fortsetzung die meisten Likes).

„Ein knallroter, bauchfreier Plüschpulli – der kann eigentlich nur von Miranda sein, einer Ex-Praktikantin. Deren Ideen hatte er doch immer besonders gerne abgeschossen“, rief ein Texter aus der Runde. Eine Art Direktorin fügte lachend hinzu: „Das hat er doch sowieso immer bei allen gemacht. Und nun wurde der feine Herr CD selber abgeschossen, welch’ Ironie!“ Die versammelte Mannschaft grölte schadenfroh. Zweites Opfer, offensichtlich Kreativdirektor, offensichtlich allseits unbeliebt, fasste Kommissar W. die Aussagen in seinem Block zusammen.

„Hat jemand von Ihnen eben in der Auffahrt noch jemanden gesehen, außer dem Opfer“, fragte Kommissar W. anschließend die Agentur-Mitarbeiter. „Ja, ich habe da jemanden gesehen – oder etwas, ich weiß nicht so recht…“, antwortete tatsächlich eine Frauenstimme. Der Kommissar forderte die Dame auf, ganz genau zu beschreiben, was sie gesehen hatte, damit er umgehend ein Phantombild anfertigen lassen konnte.

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Sie berichtete mit leiser Stimme, was sie gesehen hatte. „Da war ein Pferd mit strahlend blonder Mähne in einem weißen Prada Kleid und Manolo Blahnik Schuhen.“ Sie machte eine kurze Pause und sprach ungläubig wie zu sich selbst: „Aber was hatte Sarah Jessica Parker dort bloß zu suchen?“ (Facebook-Fan Roland Wittl lag mit seinem Beitrag vorn). Während die versammelten Mitarbeiter über den Drogenkonsum ihrer Kollegin spekulierten, ging Kommissar W. noch einmal die Fakten durch: zwei Tote. Erdrosselt. Erschossen. Beides Mitarbeiter einer Agentur. Und nun taucht ein Pferd im Kleid auf, auf dem ein Serienstar sitzt?

„Es ergibt alles keinen Sinn“, raunzte der Kommissar in die Runde. Die Menge verstummte. „Einer meiner Assistenten wird jetzt mehr über dieses ominöse Pferd herausfinden“, sagte er und fuhr vielsagend fort, „in dieser Gegend ist ja vieles möglich.“ Kommissar W. wusste, was sich rund um die Alster abspielte. Geld, protzige Villen, Gärten, die selbst für einen Ausritt groß genug wären und Porsches, die auf dem Gehweg parken, weil die Garage voller Ferraris steht – und nicht zu vergessen: Neid, Größenwahn und Gier. Dann wandte sich der Kommissar an die gesamte Belegschaft: „Meine Damen und Herren, es sind zwei Morde geschehen und Sie können mir glauben, ich werde den Täter fassen. In den kommenden Tagen werde ich sehr viel Zeit hier verbringen – vielleicht mehr, als der ein oder andere von Ihnen. Und ich werde, wenn es nötig ist, jeden einzelnen von Ihnen zu den Opfern befragen.“

Der Kommissar schaute ernst in die Runde und fragte: „Wer von Ihnen hat zuletzt mit dem erdrosselten Berater zusammengearbeitet?“ Der spitzzüngige Texter meldet sich zu Wort: „Wenn man das Arbeit nennen kann, war ich das wohl.“ Der Kommissar musste nicht lachen. Er bat den Texter heraus und schlug nun unter vier Augen einen anderen Ton an: „Jetzt mal Schluss mit lustig. Ich weiß, Sie werden fürs Sprüche klopfen bezahlt, aber hier geht es schließlich um Mord und nicht um Ford. Also, woran genau haben Sie als letztes mit dem Opfer gearbeitet?“

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Der Texter räusperte sich, blickte etwas verstohlen und nuschelte: „Nun ja, der Arbeitstitel lautete SATC – eine Pitchpräsentation für das millionenschwere neue Gestüt in Blankenese.“ (Der Satz von Claudia Maria hatte die meisten Likes). „Na immerhin erzählen Sie mir nichts vom Pferd auf High Heels“, entgegnete W. etwas freundlicher. „Was bedeutet SATC, Stuten auf Tetrahydrocannabinol? Was war das Problem in Ihrer Zusammenarbeit? Und was ist eine Pitchpräsentation?“
„Ich sagte ja schon: Arbeit kann man es kaum nennen, Zusammenarbeit schon gar nicht“, entgegnete der Kreative, die erste Frage geflissentlich übergehend, „und der Mörder, der kann von Glück reden, dass ich nicht schneller war als er. Ein Pitch – stellen Sie sich das als eine Art Ultimate Fighting zwischen Agenturen um einen großen Auftrag vor; ist immer eine heiße Kiste. Aber mit so einem Berater ist es die Hölle.“

Der Texter kam wieder in Fahrt und gab sich keine Mühe, seine Empörung zu verbergen. „Der hat das Feedback des Kunden absichtlich verzögert, um die Deadline für die Ideenrunde auf den Feiertag legen zu können. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe keine Probleme damit, am Tag der Deutschen Einheit für blühende Landschaften in die Tasten zu kloppen. Aber wir haben dadurch volle zwei Tage verloren – 30 gute Ideen weniger auf dem Zettel! Und dieses Gestüt in Blankenese, mit seinem extrem ambitionierten Besitzer, das ist ein absoluter Goldkunde. Und Gold, das ist die Währung, die hier zählt.“
Es klopfte. Der Assistent des Kommissars trat ein und gab ein Zeichen. „Ihre Offenheit ist eine gute Basis, aber sie ersetzt kein Alibi“, gab W. dem Texter zum Abschied mit auf den Weg. „Ich darf Sie bitten, die Stadt nicht zu verlassen und sich morgen zu meiner Verfügung zu halten.“

Als sie allein waren, brachte der Assistent seinen Kommissar auf den neuesten Stand. „Drei weitere Personen wollen das blonde Pferd gesehen haben. Und der Bursche, der gerade durch die Tür ist, hatte sein iPhone offen auf dem Tisch liegen. Am 3. Oktober war er mit dieser Miranda verabredet, und zwar nicht hier in der Agentur, sondern in…

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Am 3. Oktober war er mit dieser Miranda verabredet, und zwar nicht hier in der Agentur, sondern in dem FKK Club Aphrodite in Villingen-Schwenningen.“ (Katharina Barths Ortsangabe erhielt die meisten Likes) Der Kommissar legte die Stirn in Falten. „FKK Club“, sagte er mit leicht zweifelnder Stimme, „scheint ja nicht nur ’ne große Klappe zu haben unser junger Texterfreund.“ Der Assistent schmunzelte leicht und fügte hinzu: „Den werden wir uns gleich Montag nochmal vorknöpfen müssen, Chef.“ Kommissar W. nickte und schickte alle übers Wochenende nach Hause.

Als Kommissar W. am Montag morgen in die fast leere Agentur kam, besorgte er sich als erstes einen Kaffee und sah sich um. Aus einem Büro heraus konnte er ein Gespräch im Flur mitverfolgen: „
…glaub‘ ich nicht. Ich mein‘, dieser FFK Fritze redet doch ständig Blödsinn.“ „Aber der Kommissar wollte ihn Freitag nicht grundlos unter vier Augen sprechen“, erwiderte der andere. „Ich kann es mir nicht vorstellen, dass es einer von uns war – aber vielleicht hast du Recht. Wie unheimlich.“ Kommissar W. trat aus dem Raum, die Mitarbeiter unterbrachen ihr Gespräch und grüßten freundlich. Der Kommissar dachte sich seinen Teil und ging wortlos weiter. Er war gerade auf den Weg zum jungen Texter, als sein Telefon klingelte: „Ja.“ – „Ja, ich bin es selbst“, sagte der Kommissar. Er hielt kurz inne. „Der auch? Was, mit einem Vorschlaghammer? Das gibt es doch nicht! Wo? Texterschmiede? Was ist das denn? Aha. Ok, ich komme sofort.“ Der Kommissar machte auf dem Absatz kehrt. Die beiden Berater standen immer noch stumm da. Der Kommissar vermutete, dass die Beiden ihn dieses Mal belauscht hatten. Als er an Ihnen vorbei ging, sagte er:

„Nach einer kleinen Werbepause komm‘ ich wieder.“ (Danke an Dirk Kamrowski für seinen meistgelikten Beitrag) Die beiden Berater fühlten sich sichtlich ertappt. Als der Kommissar aus dem betongrauen Hammerbrook zurück an die Alster fuhr, dachte er über die Ereignisse der letzten Tage nach. Es gab mittlerweile drei Leichen. Drei Tote in weniger als einer Woche. Alle starben auf verschiedene Art und Weise. Was war das verbindende Element? Hatte er etwas Eindeutiges übersehen? „Wenn es nur ein klares Tatmuster gäbe“, murmelte er, als er die Auffahrt hinauffuhr.

In der Agentur bekam der Kommissar endlich einen der Geschäftsführer zu Gesicht und nutzte die Gunst der Stunde: „Entschuldigung, hätten Sie einen Moment Zeit? Ich habe da einige Fragen“, rief der Kommissar dem Herrn hinterher. Dieser drehte sich kurz um und sagte, während er im Treppenhaus verschwand: „Hab ’n Meeting jetzt. Hatten wir einen Termin?“ So etwas war dem Kommissar in seiner gesamten Laufbahn noch nicht passiert. Er schaute dem Geschäftsführer einen kurzen Moment verdutzt hinterher, folgte ihm entschlossenen Schrittes und machte unmissverständlich klar: „Ich kann Sie auch mit aufs Revier nehmen, wenn Ihnen das lieber ist.“

Im Büro des Geschäftsführers begann Kommissar W. mit der Befragung. „Wissen Sie schon, dass heute Morgen ein weiterer Ihrer Mitarbeiter tot aufgefunden wurde?“ Der Geschäftsführer schüttelte den Kopf und schaute, als ob er es nicht wissen könne, da es niemand in seinem Terminkalender vermerkt hatte. Der Kommissar fuhr fort: „Es hat einen Ihrer Texter erwischt. Er starb bereits am Freitag nach seiner Vorlesung in der Texterschmiede. Er lag vor dem Kopierer, erschlagen mit einem Vorschlaghammer.
Im Kopierer fanden wir eine Liste von Textvorschlägen. Ganz oben stand: ‚JETZT ZUSCHLAGEN‘. Der Geschäftsführer lachte kurz und grell auf: „Da haben Sie Ihr Motiv. Ich war selber schon einige Male kurz davor…“ Der Kommissar schaute, als verstünde er nur Bahnhof.

„Warum sind nur alle so scharf darauf, sich selbst zu belasten?“ „Aber Herr Kommissar, wer in einer Agentur unschuldig bleibt, wird entlassen“, erwiderte der großgewachsene Mann in Designerjeans. Der Kommissar glaubte, er würde diese Branche nie verstehen. „Hatten die drei irgendwelche Feinde? Oder hat Ihre Agentur welche?“

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„Den einzigen Feind, den wir im Moment bekämpfen, ist unsere Vermieterin. Sie möchte uns schon seit einiger Zeit loswerden, da die Mitarbeiter ständig über den Rasen laufen und nicht die Wege benutzen. Die Frage ist, ob sie deshalb anfangen würde, die Leute abzuschlachten???“ (Beitrag von Anastasia Isa)

Kommissar W. gehörte nicht zu der Sorte Mensch, deren Karrierekonzept auf einem latenten Bluthochdruck gründet, aber dieser total abgehobene Typ brachte ihn auf 180: „Drei Menschen tot, Ihre Mitarbeiter, und alles, was Sie dazu zu sagen haben, sind haltlose Verdächtigungen aus einem lächerlichen Nachbarschaftsstreit? Ich gebe Ihnen genau 12 Stunden, eine substantielle Aussage vorzubereiten und die machen Sie morgen um Punkt 7 Uhr auf dem Präsidium. Und bis dahin stehen Sie bei mir ganz weit oben auf der Liste der Verdächtigen.“

Mit diesen Worten war W. aufgesprungen und verschwunden.
Der Geschäftsführer legte den Kopf schief. Hatte er eben 7 Uhr gehört? Langsam nervte dieser Plattfuß. Was bildete der sich ein? Der Geschäftsführer hatte hohen Blutdruck, und auch wenn er selbst nicht darunter litt, die Symptome waren in der gesamten Agentur vorhanden…

Im Gefühl des sicheren Sieges schritt der Geschäftsführer die Backsteintreppe des Polizeipräsidiums hinunter. Er lächelte. „Weil alte Sünden lange Schatten werfen. Und es ist wohl an der Zeit, dass hier jeder Angst vor dem eigenen Schatten bekommt! (Danke Maria Mihaylova) Wo zum Teufel hatte der alte Sesselpupser solche Zitate her?“ Ihn hatte derlei jedenfalls nicht beeindrucken können. Nullkommanull.

Er war der König der Welt, der größte Geschäftsführer aller Zeiten, oder kurz: Grögaz. War denn jemals irgendetwas von Bedeutung geschehen, ohne dass es ein paar Leichen gegeben hätte? Der Grögaz schniefte und zog sein iPhone aus der Tasche. Er stellte unter http://instagram.com/thegfking ein paar Beweise seiner Großartigkeit ins Netz und schrie in den noch jungen Morgen hinein: „Alle werden mich lieben!“

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Ich kenn den Typen seit Jahren. Sein Lieblingsspruch ist: „Pitch oder Bitch… das ist doch egal. Am Ende gewinne ich!“ Danke Gustavo Traverso.
Kommissar W. grinste, als er die Kommentare auf der Seite des Geschäftsführers las. Mit dem ältesten Bluff der Kriminalgeschichte, dem extrafrühen Verhör, hatte er den Burschen derart in Panik versetzt, dass die gewünschten Informationen nur so aus ihm heraussprudelten.
Vielversprechend war der Hinweis auf das soziale Lieblingsnetzwerk der Agenturmitarbeiter gewesen: zu gossip! Dort konnte er sich natürlich auch ohne Passwort und Anmeldung jederzeit Zugang verschaffen. Wer ihn danach fragte, bekam einfach zur Antwort, die Infos kämen direkt von der NSA. Der nächste Verdächtige auf seiner Liste aber war…

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Der nächste Verdächtige auf seiner Liste aber war der mit dem gestörten Verhältnis zur Groß- und Kleinschreibung: HeAdLiNeR_81. (Vielen Dank, Sinja Mi!)
Und zwar nicht wegen des irreführenden Nicknames – denn im wirklichen Leben war er Art Director. Sondern weil der letzte Anruf des ersten Toten, des Beraters, von seinem Firmentelefon aus getätigt worden war. Kommissar W. überholte gerade den roten Touristenbus am Alsterufer, als ihn der Anruf aus ein Agentur erreichte. „Kommen Sie schnell, wir haben wieder einen Toten“. Er schaltete sein Blaulicht ein und dachte: (Denkt Euch etwas aus!)

„Schon wieder ein Toter? Vielleicht hat ja dieser Tech-Nick damit zu tun, von dem gerade alle reden.“ (so setzte Stefan Reinig den Krimi fort). Nein, das schien absurd. Tech-Nick hatte doch ein so freundliches, friedfertiges Wesen.
Kommissar Ws. Sarkasmus funktionierte einwandfrei, aber seine Ermittlungsarbeit stockte. Nachdem er den finalen Landeplatz des Geschäftsführers selbst in Augenschein genommen und guten Gewissens der Spusi überlassen hatte, schloss er sich und „HeAdLiNeR_81“ im Konfi ein. Nach drei Stunden wusste er nicht nur alles über Deadlines, Pitches und Hurenkinder, sondern auch deutlich mehr über das Leben der drei Toten.
Seine Freude darüber kühlte spontan ab, als er auf dem Weg zur Wache den Aufmacher des Boulevardblattes der Hansestadt sah:

Zeitung

Noch während der Kommissar an der Wand der Villa lehnte und seinen Gedanken nachhing, störte das Klingeln seines Handys die Ruhe. Am Apparat: Harry Kobold, Klatschreporter der Hamburger Hafenpost. „Mein Bekannter ist der Postbote der Agentur und daher weiß ich, dass exakt die vier Toten in den letzten Wochen besonders viele Briefe erhalten haben. Anscheinend in gelben und rosafarbenen Kuverts. Angeblich hat aber noch eine fünfte Person diese Briefe erhalten…“ (Danke, Claudia Maria)

Kommissar W. kappte rüde den Redefluss des Schreibers: „Harry, ich kann es nicht mehr hören. Glaubst Du etwa im Ernst, dass ich mir mit Deinen Klatschgeschichten meine Ermittlungsarbeit kaputt mache? Dass Du die Stirn hast, mich überhaupt anzurufen, nach dem Artikel über mich. In Ländern, in denen die Polizei weniger genau ist, hättest Du längst den Griffel abgegeben. Wenn der Fall abgeschlossen ist, treffen wir uns mal im Red Dog. Und bis es soweit ist, gebe ich Dir einen guten Rat:

Der Kommissar kam nicht mehr dazu, den Klatschreporter mit einem Rat „aufzuschlauen“, wie es im Agenturslang hier hieß: Ein Schrei gellte durch die parkähnliche Gartenanlage. W. sprang auf. Rufe des Entsetzen leiteten ihn durch die Flure der Villa ins Büro des Art Direktors, den er gestern verhört hatte. Dort blickte er auf zwei ausdruckslose Augen. Das Wasserglas, in dem Sie schwammen, stand vor dem Bildschirm.
„Lorem ipsum“ prangte in riesigen Lettern darauf. Dank seiner Recherchen wusste W., was das bedeutete.
„Was ist? Habt ihr das blonde Pferd gesehen“, quäkte Harry Kobolds Stimme aus dem Handy. Ärgerlich drückte W. den Papparazzo weg. Keiner der anwesenden Mitarbeiter wendete seine Augen vom Tisch. Einer sprach aus, was alle dachten: „Blindtext – gestern wurde eine Anzeige geschaltet, in der noch Blindtext stand. Er hatte sie freigegeben…“
Keiner wagte, den Gedanken aufzunehmen. Dann wurde die Stille jäh unterbrochen…

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*Klirrumms*! Ein Baum aus den Garten, entwurzelt von Orkantief „Christian“, bahnte sich seinen Weg in Richtung Agenturgebäude und feierte seine eigenen Ankunft mit dem Klang klirrender Scheiben und dem ächzenden Gerummse der standhaften, tapferen Gemäuer. (Danke Nicolas Waitforit Elef)
Die mächtige Buche hatte die Bombennächte, den Großen Brand von 1842, die Besetzung der Franzosen und wahrscheinlich sogar den 30-jährigen Krieg schadlos überstanden. Aber dieser Orkan, dessen Toben die Mordserie der vergangenen Tage nur als unselige Vorzeichen zu noch schrecklicheren Geschehnissen erscheinen ließ, ging über die Kräfte des alten Baumriesen.

Kaum hatten sich die mutigsten Mitarbeiter den Weg ins 2. Obergeschoss gebahnt, um Schäden zu begutachten, da wurden ihre schlimmsten Befürchtungen schon übertroffen. Vor Ästen, die wie Tentakeln eines gigantischen Kopffüßers durch die Fensteröffnungen in den Raum hineinlangten, lag der Praktikant gefesselt vor der Kaffeemaschine. Er hatte Schaum vor dem Mund und bevor er starb, entrang er seiner Kehle noch ein Röcheln, das, wie alle Zeugen später übereinstimmend aussagten, klang wie:

13-10-29 - post

„Ich war doch gar nicht dran mit Kaffeemaschine-Putzen…“ (vielen Dank für diese letzten Worte, Anastasia Isa). „Stimmt“, entfuhr es Miranda, die unpassenderweise genau jenen roten Pullover trug, den man beim abgeschossenen CD gefunden hatte. „Ich habe diese Woche mit ihm getauscht, musste aber gestern Abend früher weg und heute Morgen war ich leider zu spät…“ Der Tonfall ihrer Rechtfertigung war noch erbärmlicher als der Inhalt. Angst schwang mit, denn selbst ihr war jetzt das Motiv des unheimlichen Mörders klar.
„Wenn sonst noch jemand in der Runde seine Pflichten verletzt hat, meldet er sich bei mir“, warf Kommissar W. ein. „Diskret“, wollte er noch hinzufügen, doch es war zu spät. „Unser Stratege hat sich bei der Positionierung für SATC ziemlich fahrlässig vergriffen“, meldete sich diensteifrig ein Juniorberater.
In diesem Augenblick öffneten sich die Türen des Aufzugs. Damit war klar, dass die voreilige Äußerung keine nachteiligen Folgen für den Strategen mehr haben konnte: Kopfüber und mausetot baumelte er in der Kabine. Eine sorgfältig mit Klebeband und Kreide auf den Boden des Aufzugs skizzierte SWOT-Analyse zeigte, dass auch dieser Mord kein Zufallstreffer war. Der erste, der wieder Worte fand war…

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Als Kommissar W. drei Tage später an die Szene zurückdachte, erschien sie ihm wie aus einem anderen Leben. Der Wind hatte vom Meer her eine frische Brise in die Stadt geweht und die Luft war so klar wie seine Gedanken.
Sieben Tote, gestorben als Buße für die sieben Totsünden der Werbung. Zu knappe Deadline, gute Ideen abgeschossen, einfallslose Störer geschrieben, Blindtext vergessen, Bodenkontakt verloren, Marken falsch positioniert – sogar eine nicht einsatzbereite Kaffeemaschine konnte in dieser seltsamen Branche den Tod bedeuten.
Er hatte jetzt das Motiv, aber keinen Mörder. Dafür gab es eine Videobotschaft… Nachdem W. sie zum dritte Mal angesehen hatte, bekam er einen Anruf. Eine andere Agentur meldete einen neuen Mord. Kommissar W. dachte: „Verdammt! Ich glaub, es geht schon wieder los.“ Er trank seinen schwarzen Kaffee, nahm seine Mütze und verschwand durch die Tür…

*** Ende ***