Nachhaltigkeit ist in den Medien omnipräsent. Nur die Werbung fasst dieses Zukunftsthema aus Angst vor Greenwashing-Zeigefingern nicht an.  Das ist kontraproduktiv.

Warum hat Nachhaltigkeit die Werbung oder Marketing-Kommunikation bislang kaum erreicht? Zu heftige Blessuren haben einige Unternehmen davongetragen, als sie ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten lautstark kommuniziert haben. Sie mussten lernen, dass viele, die beim Thema Nachhaltigkeit den Kopf herausstrecken, eine Kopfnuss bekommen. Und zwar von denen, die sich hauptberuflich damit beschäftigen, unsere Welt zu verbessern: engagierte Journalisten, Blogger und NGOs wie Greenpeace oder Foodwatch.
Natürlich muss man die anprangern, die Nachhaltigkeit nur vortäuschen, also Greenwashing betreiben. Doch häufig suchen die Kämpfer für mehr Nachhaltigkeit mit inquisitorischem Eifer nach Unzulänglichkeiten, die sie natürlich auch finden. Wenn etwas noch nicht perfekt nachhaltig ist, genügt das, um einen medialen Scheiterhaufen anzuzünden. Damit verhindern die Kämpfer für mehr Nachhaltigkeit das, was sie eigentlich erreicht wollen – mehr Nachhaltigkeit.

Nachhaltige Produkte bewerben – auch wenn sie nicht perfekt sind

Nachhaltigkeit ist ein Prozess und die Reise in eine nachhaltige Welt beginnt erst. Noch emittieren wir zu viel CO2. Noch werden Arbeiter in Entwicklungsländern für einen Hungerlohn beschäftigt. Noch vergeuden wir Rohstoffe. Noch ist nichts perfekt. Deshalb müssen wir diesen Prozess beschleunigen, aber wie? Nachhaltigkeit muss ein Wettbewerbsfaktor werden. Dazu gehört ein Marketing, das nachhaltig erzeugte Produkte in den Mittelpunkt stellen darf – auch wenn sie noch nicht perfekt sind im Sinne der Nachhaltigkeit.
Dann würde Werbung aus einem nachhaltigen Produkt ein nachhaltig erfolgreiches Produkt machen. Solange Werbung der natürliche Feind derjenigen ist, die sich für eine bessere, nachhaltigere Welt einsetzen, wird das schwer.

Werbung ist unschuldig

Zugegeben, bislang hat Werbung wenig zu einer nachhaltigen Welt beigetragen. Werbung kann Leuten einreden, dass Schokolade schlank macht, dass zwei Bonbons besser sind als eines und dass Rauchen sexy ist. Aber deswegen ist Werbung nicht der Feind der Nachhaltigkeit. Werbung ist unschuldig, sie macht nur, was man ihr sagt. Bislang war das hauptsächlich, mehr zu verkaufen, egal was.
Würde man von Werbung verlangen, sie solle mehr nachhaltige Produkte verkaufen, würde sie das wohl genauso erfolgreich tun. Werbung könnte eine Brücke schlagen zwischen zwei Gruppen, die beide mehr Nachhaltigkeit wollen – Hersteller und Verbraucher. Und dann wäre alles gut.

Regulierung von Werbung führt ins Kreativitätskoma

Im Hintergrund hören wir sardonisches Lachen. Diejenigen, die in Abrede stellen, dass es profitorientierten Unternehmen ernst ist mit Nachhaltigkeit, amüsieren sich. Nachhaltigkeitskommunikation sei nur Mittel zum Zweck, sagen sie. Unternehmen würden ein wenig grüne Tünche auftragen und weiter rücksichtslos nach Wachstum und Profit streben. Das einzige was helfe, so sagen sie, sei Regulierung. Es tut sich ein Graben auf – freies Spiel der Kräfte im Nachhaltigkeitswettbewerb gegen Nachhaltigkeit durch Regulierung. So lange dieser Graben nicht überwunden ist, verliert die Nachhaltigkeit.
Aber versuchen wir es mit Argumenten: Fast jedes Unternehmen gibt heute zertifizierte Nachhaltigkeitsberichte heraus, in denen seine Leistungen nachprüfbar offenliegen. Hier gibt es erstaunlich wenig Gegenwind – offensichtlich scheint zu stimmen, was darin steht. Das spricht für die Glaubwürdigkeit von Unternehmen. Aber nur Experten lesen die Nachhaltigkeitsberichte, weshalb glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Daher scheiden Nachhaltigkeitsberichte als Wettbewerbsfaktoren für Unternehmen aus.

Warum daher nicht gleich Nachhaltigkeit mit Massenkommunikation verbinden?

Diese Option ist auch deswegen attraktiv, weil die Alternative trostlos ist. Wer nur auf Regulierung setzt erzeugt zwangsläufig Überregulierung, Kreativitätskoma und undemokratische Bevormundung. So werden die Kräfte des Marktes, die auch für Nachhaltigkeit Erstaunliches leisten können, stranguliert. Werbung tut also not – und wenn es zunächst Werbung dafür ist, Unternehmen mehr Mut zu machen, über das zu reden, was sie tun.

Dieser Betirag erschien am 1. Juli 2013 im Magazin forum Nachhaltig Wirtschaften.
Die zum Thema passende große Nachhaltigkeitsstudie von Facit ist hier zu finden: http://sp-url.com/sis2013