Ich frage mich langsam, über was wir eigentlich reden: über Verbraucherschutz oder über den Einfluss von Lobbyisten auf Gesetzesvorlagen? Warum will der Bundesverband der Deutschen Apothekerverbände ein Werbeverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel. Warum sollen sich Patienten nicht demokratisch selbst über Medikamente informieren dürfen und dazu noch in einem Segment, in dem der Apotheker sowohl früher als auch in Zukunft kaum irgendwelche Beratungs- oder Informationsleistungen erbringt. Berät er überhaupt therapieübergreifend? Was weiß er wirklich über die Gesamtmedikation seines Kunden – nicht Patienten – um beraten zu können? Auch die neue Versichertenkarte hilft da nicht weiter. Will denn der Apotheker eine Informationsleistung überhaupt übernehmen, die ihm Zeit und damit Geld kostet? Die Margen von RX-Präparaten sind doch schon gedeckelt. Wo kann er  Einfluss nehmen, wenn Krankenkassen und Pharmaunternehmen Rabatte aushandeln und somit vorbestimmen, welcher Patient welches Präparat von welchem Hersteller bekommt?

Mehr Fragen als Antworten. Und das zu einem Thema, das wirklich einmal zukunftsorientiert angefasst werden sollte. In einer vom Internet beherrschten Informationsgesellschaft kann jeder an alle Informationen kommen und die weltweite Gemeinde befragen. Voraussetzung ist die Kenntnis der englischen Sprache und das Wissen um die Funktion einer Suchmaschine. Aber in welcher Situation befinden sich Menschen in Deutschland, die weder zur Bildungselite gehören noch in der Lage sind, im Web zu recherchieren? Die auf einmal mit ihrem Problem alleine dastehen und auf gut gemachte und leicht verständliche Information angewiesen sind. Und die vielleicht nicht den Mut haben, beim Arzt oder Apotheker nachzufragen, sondern mit ihrem Problem möglicherweise einen Freund oder Verwandten gehen. Auf einmal wird der Zugang zu Information für jedermann wichtig.

Insofern mein eindeutiges Plädoyer: Werbe- und Informationsfreiheit für rezeptpflichtige Arzneimittel nach dem Vorbild der USA verbunden mit  einer gewissen Einschränkung betreffend Incentivierung. Das ist demokratisches Verhalten. Und es fördert die individuelle Selbsteinbringung und Mitverantwortung. Jeder kann sich aktiv um seine eigene Gesundheit kümmern, erfährt mehr über die Therapien, kann Fragen beim Arzt stellen oder dann auch mal den Apotheker zu Risiken und Nebenwirkungen befragen. Und sicherlich ist nicht zu befürchten, dass die Menschen noch mehr Antibiotika nehmen oder aus Jux einen Angiotensin-Antagonisten kaufen – dazu brauchen sie dann immer noch das Rezept, über das sie vorher mit dem Arzt sprechen – oder sogar verhandeln – können.